18. – 24. April 2009
Skitourenwoche Chamonix (Frankreich) (7 Teilnehmer)
Chamonix-Mont-Blanc, meistens kurz Chamonix genannt, ist ein international renommierter Skiort und Zentrum des Alpinismus in Frankreich (Region Rhône-Alpes im Departement Haute Savoie). Chamonix liegt auf 1040 m ü.M. und ist von zahlreichen hohen Bergen umgeben. Direkt im Süden wird es vom Mont Blanc überragt, der mit 4808 Metern der höchste Berg der Alpen und eine Sehenswürdigkeit von Weltrang ist. Er wird als König der Alpen, als Monarch, betitelt und ist der Traum vieler Bergsteiger. Täuscht der Eindruck, oder dreht sich in Chamonix wirklich fast alles um den Mont Blanc?
Via Bern – Martigny – Col de da Forclaz – Col des Montets fahren wir am Samstag nach Chamonix, wo wir einen Mittagshalt einlegen, uns etwas umsehen und verpflegen. Dann reisen wir weiter bis Le Cugnon (1160 m) bei Les Contamines-Montjoie, auf der eher unbekannten Westseite des Mont Blanc. Der Aufstieg zur Refuge de Tré la Tête (1970 m) bei schönem Wetter bietet eine wohltuende körperliche Betätigung. Die Wälder der Envers du Cugnot hoch müssen wir die Skis schultern, dann erreichen wir offenes Gelände, wo genügend Schnee für den Skiaufstieg liegt.
Frühmorgens passieren wir am Sonntag die enge Schlucht der Combe Blanche
und gelangen auf den Glacier de Tré la Tête. Auf direkter Spur
erreichen wir zügig den Gipfel des Pain de Sucre du Mont Tondu (3169
m). Oberhalb 2800 m liegt viel – ja fast zuviel – Neuschnee,
und ganz oben hat es Nebel. Nach steiler Abfahrt entscheidet sich die Mehrheit
unserer Gruppe für den direkten Weg zu unserem nächsten Domizil,
während Fritz und Adolf unterwegs abzweigen und noch einen Aufstieg
Richtung Aiguille des Lanchettes bis auf
ca. 3040 m unternehmen. Das Wetter verschlechtert sich, und wie wir nach
einem halbstündigen Gegenanstieg um die Mittagszeit bei der Refuge
des Conscrits (2602 m) eintreffen, setzt Schneeregen ein und hält den
ganzen Nachmittag an. Unsere mitgebrachten Schweizer Jasskarten kommen zum
Einsatz.
Am Montagmorgen ist es zwar nicht wolkenlos, doch die Sicht ist gut. Hoffentlich bleibt es so – die Wetterlage ist ziemlich instabil. Wir steigen auf zum Skigipfel des Dôme de Miage (3564 m), wo leider wieder Nebel und heftiger Wind das Sagen haben und uns den Ausblick auf die mächtige Westflanke des Mont Blanc verwehren. Fritz und Adolf wagen noch den Fussaufstieg über den steilen, schmalen Grat zum Mittelgipfel (3633 m). Nach einer herrlichen, langen Abfahrt – unterwegs fallen sogar ein paar Regentropfen – und einem Fussmarsch erreichen wir unsere Autos in Le Cugnon und dislozieren nach Chamonix. Kleidung wird gewechselt, Proviant ergänzt, Rucksack frisch gepackt, denn noch am späten Nachmittag fahren wir – zwecks guter Höhenakklimatisierung – per Seilbahn zur Aiguille du Midi (3842 m) hoch. Windig und kalt ist es da oben. Nach kurzer Abfahrt und leichtem Gegenanstieg über Gletscher erreichen wir etwa eine halbe Stunde später die auf einem Fels-sporn gelegene Refuge des Cosmiques (3613 m), wo wir übernachten. Immer wieder schweifen unsere Blicke durchs Fenster Richtung Südwesten, wo die atemberaubende Kulisse des Monarchen und seiner imposanten Nachbarn einen grandiosen Anblick bieten.
Während des Frühstücks am Dienstagmorgen beobachten wir
interessiert Alpinisten, die nachts in die Nord-flanke des Dôme du
Goûter eingestiegen sind – eventuell sind wir übermorgen
auch dort. Heute wollen wir aber
die bekannte Vallée Blanche Gletscherabfahrt geniessen, die sich
kilometerlang über den steilen Glacier du Géant, den Glacier
du Tacul und das Mer de Glace dahinzieht. Da das Wetter gut ist, verlängern
wir diese Abfahrt noch um ein gutes Stück, indem wir unterhalb der
Séracs du Géant die Felle aufziehen und den Glacier des Périades
Richtung Col du Tacul hochsteigen. Auf ca. 3100 m brechen wir den Aufstieg
aber ab; es liegt sehr viel Neuschnee und das Gelände ist sehr steil.
Also schwingen wir in herrlichem Pulverschnee bergab und gleiten das Mer
de Glace hinweg bis Montenvers, von wo wir per Zahnradbahn nach Chamonix
gelangen.
Duschen, durch die Stadt flanieren, gemütlich im Strassencafé
sitzen, beim Italiener ein gutes Znacht ge-niessen, in einem frischen Hotelbett
schlafen – angenehme Abwechslungen zum Hochgebirgsaufenthalt.
Mit der Aiguille du Midi-Bahn fahren wir am Mittwochmorgen bis zur Mittelstation
Plan de l’Aiguille (2310 m) und steigen bei schönstem Wetter
zur Refuge Grands Mulets (3051 m) auf. Diese eindrucksvolle Route birgt
einige heimtückische Gefahren. Lawinen, Eisschlag, Séracs, Spalten
– heikle Zonen sind vorsichtig, aber zügig zu passieren. Unterwegs
kommen uns Österreicher entgegen, die wir auf der Cosmiques-Hütte
kennenlernten.
Sie nennen uns die „Schweizer Riccolas“. Sie berichten kurz
von ihrem abgebrochenen Mont Blanc-Besteigungsversuch heute früh. Zu
starker Sturm, zu grosse Kälte und zu viel Neuschnee hätte es
gehabt; der Normalaufstieg sei nicht durchgehend gespurt; zwischen Petit
Plateau und Grand Plateau bestehe grosse Eisschlaggefahr; über die
Nordflanke des Dôme du Gouter führe aber eine gute Trittschneespur.
Am Nach-mittag geniessen wir auf der Hüttenterrasse den Sonnenschein
und das hochalpine Ambiete, während Fritz und Adolf einen Erkundungsaufstieg
Richtung Petit Plateau unternehmen.
Um 1 Uhr früh geht am Donnerstag das Licht an. Da die Hütte nicht wie so oft überfüllt ist, können wir in Ruhe frühstücken und uns für den Abmarsch rüsten. Kurz vor 2 Uhr schnallen wir im Schein unserer Stirnlampen die Ski an und folgen der Spur zur Nordflanke des Dôme du Gouter. Diese Route ist zwar länger und schwieriger, dafür objektiv sicherer als die Normalroute. Schon bald muss von Ski auf Steigeisen gewechselt werden. Der Grat ist über rund 800 Hm. gut 40 Grad steil. Der Mond am Nachthimmel, Lichterketten von Bergsteigern über uns und unter uns, tief unten im Tal das Lichtermeer von Chamonix – ein überwältigender Anblick. Mit der Morgendämmerung kommt Nebel auf. Die Sicht wird immer schlechter und mit zunehmendem Wind wird es immer kälter. Über den Col du Dôme fegt ein Höhensturm. Wie alle anderen auch suchen wir im Vallot Biwak auf 4362 m Schutz vor Wind und Kälte. In der Hütte drin zeigt ein Thermometer minus 8, draussen ist es mindestens minus 20 Grad. Die restlichen rund 450 Hm. über den Bossesgrat auf den höchsten Punkt der Alpen wären bei guten Verhältnissen wohl ein unvergessliches Erlebnis geworden, heute aber denkt niemand daran, weiterzugehen; ja es wäre sogar leichtsinnig. Gruppe um Gruppe startet bei schlechtester Sicht zur Abfahrt über die Normalroute. Spuren sind im Nu wieder zugeblasen, und wegen Spaltengefahr ist Vorsicht geboten. Endlich entkommen wir dem Nebel. Beim Petit Plateau, wo in der Nacht ein grosser Abbruch von einem Hängegletscher niedergedonnert ist, müssen wir das Einstrümmerfeld zu Fuss überqueren. Um 9 Uhr sind wir wieder zurück bei der Refuge Grands Mulets, und um die Mittagszeit erreichen wir die Station Plan de l’Aiguille. Per Bahn geht’s hinunter nach Chamonix, wo wir heute im Hotel übernachten.
Am Freitagmorgen lassen wir uns mit der ersten Bahn von Argentière
hoch zur Aiguille des Grands Montets (3297 m) bringen, fahren auf den Glacier
d’Argentière (2700 m) ab und steigen bei Sonnenschein zum Col
du Tour Noir (3534 m) auf. Da von Süden her eine Wolkenwand naht, spurten
wir uns, diese tolle Abfahrt soll uns nicht der Nebel vermiesen.
Am frühen Nachmittag brechen wir in Argentière zur Heimreise
auf. Nach einem gemeinsamen feinen Nacht-essen in Beromünster verabschieden
wir uns mit einem gegenseitigen Dankeschön voneinander. Ein bisschen
Wetterglück hat zwar zum grossen Gipfelsieg gefehlt – trotzdem
– wir haben bei bester Kameradschaft unver-gessliche Tage in einer
grandiosen, hochalpinen Bergwelt erlebt.